Christoph Hesse
10.03.2025 | Rückblick Architektur im >Kontext< 2025
Zum Perspektivwechsel lud der Architekt Christoph Hesse die rund 350 Architekturinteressierten im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster gleich mehrfach ein. Mit seinen überwiegend kleinen Bauten im ländlichen Raum verhandelte er zumeist große Fragen: Zum Verhältnis von Mensch und Natur, Stadt und Land oder lokalem Wirken und globaler Verantwortung. Ein Streifzug durch ein Stück Gegenwart, der es in sich hatte. Und deshalb besonders gut zur Vortragsreihe Architektur im >Kontext< des LWL und des BDA Münster-Münsterland passte.
Seine wald- und bergreiche Heimat konnte der 1977 in Winterberg geborene Hesse schon in Kindheit und Jugend studieren. Auch der familiäre Bauernhof im sauerländischen Referinghausen (b. Medebach) ließ ihn eine tiefe Verbundenheit zur Natur und zum landwirtschaftlichen Leben entwickeln - von der Aussaat bis zur Ernte.
Im Architekturstudium an der ETH Zürich und an der Harvard University in Cambridge (USA), die er beide mit einem Master abschloss, wurde dieses Fundament immer mehr zur wichtigen Quelle. Der ländliche Raum als gestaltbare Zukunftsaufgabe begleitete ihn bei zahlreichen Projekten im In- und Ausland. Bereits 2010 machte er sich wieder im heimatnahen Korbach selbstständig, 2018 kam ein Studio in Berlin hinzu. 2019 folgte mit "Grounded" eine erste wichtige Ausstellung bei Aedes Berlin, mit "Rural Rebellion" bereits kürzlich die zweite. Auch auf der kommenden Architekturbiennale in Venedig wird er vertreten sein.
Mit seinen Projekten zeigt Hesse, dass Bauen auf dem Land zugleich bodenständig und gestalterisch, individuell, partizipativ und energetisch zukunftsweisend sein kann. Seine Projekte erzählen häufig persönliche Geschichten. Ob eine runde "Villa F" für einen befreundeten Unternehmer, dessen Biogasanlage wenig später ein ganzes Dorf versorgen sollte. Oder poetische "Open Mind Places" in der Landschaft, die zur jeden Wanderer zur Kontemplation einladen oder ein Besucherzentrum am Edersee, welches die Geschichte der berühmten benachbarten Sperrmauer erlebbar macht.
In einer Zeit großer Unübersichtlichkeit setzt Hesse mit seinem architektonischen Schaffen auf Selbstwirksamkeit. Ein Stück Architektur versteht er als Antwort an einen Ort, als Fundament für einen Nutzer, ein Raumversprechen für eine Gesellschaft. Als selbstständiger Architekt, Hochschullehrer (zuletzt in Peking und Rom) und zugleich Familienvater versteht er es, zwischen ländlichem Alltag und akademischen Diskurs zu vermitteln. Das Publikum dankte dem mutigen Protagonisten für vielfache Perspektivwechsel mit anhaltendem Applaus.
Die Videoaufzeichnung des Werkvortrags von Christoph Hesse folgt in Kürze.
